Der erste VW 181 Kurierwagen, den ich jemals gefahren habe, war das Auto eines Freundes. 25 Jahre ist das her. Aus einer Laune heraus hat er mir sein Auto geliehen, damit ich zu einer Party kommen konnte. Ein Dach hatte der Wagen nicht, und so musste ich auf trockenes Wetter für meine Rückfahrt hoffen.
Das Auto machte mir unbändige Freude. Fahrvergnügen pur. Nur Mechanik, eine schwergehende Kupplung und das eigenwillige Gaspedal. Und ganz viel Blech um mich herum. Im Volksmund wird das ursprünglich für die Deutsche Bundeswehr konzipierte Fahrzeug „Kübelwagen“ genannt.
Auf der Suche…
Es war um mich geschehen, und so machte ich mich auf die Suche nach meinem eigenen Kübelwagen. Quer durch ganz Deutschland bin ich gefahren, bis ich mein Auto fand. Der Vorbesitzer ging zunächst bei einem Kaffee eine Stunde lang seine Bilder von der Restauration durch, bis ich den Wagen in der Garage besichtigen durfte. Er und seine Frau hingen sehr an diesem Auto. Der Kübelwagen war ihr Hochzeitsauto gewesen.
Ich bekam den Zuschlag, und so wurde ich im Sommer 2005 stolzer Besitzer eines VW 181, den ich ab sofort liebevoll nur noch Kübelchen nannte.
Wie liebte ich mein Auto. Sturköpfig und eigensinnig wie Kübelchen war. Wenn Kübelchen keine Lust hatte, beziehungsweise überhitzt war, sprang er einfach nicht an. Dumm, wenn ich dann gerade einsam irgendwo im Ausland in der Provinz angehalten hatte. Weit und breit kein Mensch, der um Hilfe gefragt werden konnte. Denn Kübelchen sprang nur an, wenn jemand mit einem Hammer hinter dem linken Hinterreifen auf den Anlasser klopfte, während ich vorne die Zündung bediente.
Kübelchen hatte für mich eine Seele, und ich bildete mir ein, dass er auf gutes Zureden reagierte. Überhaupt hatte Kübelchen sein Eigenleben, und so hupte er manchmal beim Fahren ganz von selbst aus Vergnügen vor sich hin.
Oben ohne quer durch Europa
Zusammen sind Kübelchen und ich mehrfach kreuz und quer durch Europa gefahren und haben viele Länder erkundet. Die langen Überfahrten, 12 Stunden bei Tempo 80 über die Autobahnen Europas, immer der Sonne entgegen, hatten etwas geradezu Meditatives. Manchmal ließ ich ihn ein paar Tage stehen, in Kroatien, Andalusien oder auf Ibiza, wenn ich zu Terminen nach Deutschland fliegen musste.
Später fuhr ich nur noch Landstraße, mit offenem Dach. Über Österreich, die Schweiz, die Provence, die spanische Küste entlang, und dann ein anderes Mal in den Süden Italiens oder in den Balkan, mehrmals die gesamte kroatische Küste entlang, durch Bosnien bis nach Belgrad. Schlecht gefedert und auf miserabel gepolsterten Sitzen, spürte ich jedes noch so kleine Schlagloch im Kreuz. Und wenn es bergauf ging, hatte ich oft das Bedürfnis mein eigenes Auto schieben zu wollen.
Der Duft der Freiheit
Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, sind die vielen Düfte. Wenn wir beide so offen durch unterschiedliche Vegetation tuckerten, ließ sich dies sinnlich ganz anders erfahren. Ansonsten roch mein Auto immer nach Auto. Also nach Benzin. Gelegentlich schlief ich auch im Kübelchen, und manchmal steigt mir noch heute der Benzingeruch nachts im Traum die Nase hinauf.
Am beeindruckendsten waren aber die sozialen Erfahrungen, die ich mit Kübelchen machen durfte.
In Südeuropa wollten sich Touristen mit mir und meinem Kübelchen fotografieren lassen. In den Schweizer Bergen grüßten mich Motorradfahrer, in Andalusien hupten LKW Fahrer und auf den Parkplätzen Südspaniens nickten mir die Brummi Fahrer anerkennend zu. Ja, die Trucker wussten, was für ein Workout es war, mit so einem Wagen quer durch Europa zu reisen.
In Kroatien winkten mich Polizisten heraus, nicht etwa um meine Papiere zu sehen, sondern um stillschweigend einmal um mein Auto zu laufen und Kübelchen zu bewundern. So ein Auto hatten sie noch nie gesehen. Und um mir letztendlich weiter gute Fahrt zu wünschen.
In Ungarn konnte sich ein Grenzbeamter nicht halten vor Lachen und sagte mir in serbokroatischer Sprache, dass er es nicht fassen könne so ein Auto noch einmal zu sehen und er müsse dies seinem Vater mitteilen.
Es war so leicht und unbeschwert
Wenn ich so mit Baseballcap, in lockerer Kleidung und gut gelaunt anfuhr, begegneten mir die Menschen auch ganz anders als in meinem Berufs- und Stadtalltag in München. In München war vieles aufgesetzt und äußerliche Dinge waren wichtig.
Man wurde abgeschätzt und da insbesondere der Status und der Wohlstand. Was für ein Spass, wenn ich vorm Café Tambosi am Odeonsplatz zwischen zwei Porsches einparkte! Die Leute waren amüsiert. Und dies im positiven Sinne. Es wurden Rückschlüsse auf meine Leichtigkeit und Unbeschwertheit gezogen und dies war wohl ansteckend.