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Coliarte | Unter Untoten
28. März 2020

Unter Untoten

Wiebke Kuester Coliarte

Seit etwas mehr als zwei Wochen sind wir nun in Frankreich im Lockdown. Es ist, als ob jemand den Song des Lebens einfach auf Pause gestellt hätte. Alles ist in einen unfreiwilligen Dornröschenschlaf versetzt worden. Wobei jetzt schon klar ist, dass Dornröschen nicht strahlend schön aufwachen wird. Das, was in allen Medien als „the new normal“ angepriesen wird, wird alles andere als schön sein.  

Allmählich geht der Lebensmittelvorrat zu Ende und es wird Zeit, zum ersten Mal nach 2 Wochen zum Supermarkt zu fahren. Eigentlich mag ich Handschuhe nicht, nicht beim Spülen, Putzen und nicht einmal beim Unkrautjäten. Aber jetzt hatte ich mich bewaffnet, im Krieg gegen den unsichtbaren Feind, das Coronavirus. Einmalhandschuhe, ein Schal als Mundschutz, Desinfektionsmittel. Und natürlich hatte ich den in Frankreich obligatorischen Passierschein ausgefüllt, falls ich in eine Polizeikontrolle käme. 

Der Weg ins Nachbardorf sah ganz anders aus als noch vor wenigen Wochen. Aus den brachliegenden Äckern waren strahlend gelbe Rapsfelder geworden. Einige Bäume standen prachtvoll in der Blüte, andere waren schon ganz grün. Die Steinmauern der Häuser waren von zartgrünen Blättern der Kletterpflanzen überzogen. Kurz vor der nächsten Ortschaft ein blühendes Tulpenfeld. Sauber in Reihen, rot, rosa, gelb, dunkelrot, weiß und sogar Papageientulpen. Ein freundlicher Tag, getaucht in fröhliches, warmes Sonnenlicht. 

Der Parkplatz vor dem Supermarkt war wie leergefegt. Wo sonst kaum ein Platz zu finden war, konnte ich mich diesmal fett über zwei Parkplätze stellen. So richtig asozial wäre das noch vor zwei Wochen gewesen. Jetzt machte mein Auto eben auch Social Distancing. Wenigstens brauchte ich keine Sorge haben, mir Schrammen und Kratzer vom Nachbarauto einzufangen.  

Der Supermarkt war leer. Da war keine Menschenseele. Da huschten lediglich ein paar Gestalten durch die Gänge. Mit Mundschutz und Gummihandschuhen glitten sie von Regal zu Regal, als würden sie von ihren Einkaufswagen gezogen.  Alle hatten es sehr eilig, ihren Wagen möglichst voll zu bekommen, während sie peinlichst darauf achteten, einen großen Bogen umeinander zu machen. Komischerweise taten alle dabei so, als seien die anderen Gestalten Luft. Keiner schaute dem anderen in die Augen, keiner lächelte den anderen an. Es war totenstill. Erst jetzt fiel mir auf, dass die angeblich so verkaufsfördernde Hintergrundmusik, unterbrochen von den Sonderangebots-Ankündigungen, abgeschaltet war.  

Am anderen Ende der Regalreihe wurde die Stille jäh unterbrochen. Eine Frau hatte in ihren Mundschutz gehustet. Die Zombies schauten auf und nahmen unmittelbar die Flucht auf. Wie die Kräuselwellen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Für einen Moment wurden die Gesichter lebendig und die nackte Angst kam zum Vorschein.  

Mehl gab es nicht mehr. Reis auch nicht, und auch kein abgepacktes Brot. Frisch gebackenes Baguette war im Angebot, aber auch ich ließ mich von dem Gedanken hinreißen, dass es dort offen im Regal lag und sich als wahre Coronavirus-Schleudern outen könnte, und verzichtete auf das heiß geliebte Baguette. Bleichmittel war auch keins mehr da – Desinfektion schien großgeschrieben. Toilettenpapier, das in anderen Ländern wohl knapp war, gab es hier allerdings reichlich. Ein paar Pakete Pasta konnte ich noch ergattern, aber von den Dingen, die ich normalerweise mitnehme, war vieles ausverkauft. Das Angebot an Obst und Gemüse war mager, und was da war, war teuer. Teurer als sonst. Erinnerungen an Einkaufen zu DDR Zeiten kamen hoch. 

Die Expresskassen für Leute, die weniger als 10 Artikel kaufen, waren geschlossen. Wegen ein paar Kleinigkeiten schien niemand zum Supermarkt zu gehen. Alle Einkaufszombies hatten ihre Wagen bis über den Rand hinaus gefüllt. Am Self-Checkout eine lange Schlange. Es schien, dass niemand riskieren wollte, dass eine Kassiererin die Einkäufe kontaminiert.  

An der traditionellen Kasse musste ich nicht lange warten. Die junge Kassiererin wartete auf Kundschaft, mit ihrer Maske praktisch gesichtslos, eingewickelt in Zellophan als wäre sie gerade frisch auf der Palette geliefert worden und noch originalverpackt. Nur ein kleiner Schlitz war frei, damit die Ware vom Band zum Scanner gelangen konnte. Und natürlich einer für den Kartenleser. Wortlos schob sie die Ware über den Scanner. Beep – beep, beepbeep, beep. 154 Euro. So teuer habe ich lange nicht mehr eingekauft. Und so einsam. 

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